Das Heilige Römische Reich (HRR) wird in einem engeren Sinne mit dem Herrschafts-Antritt des Sachsen-Kaisers Otto der Große im 10. Jahrhundert eingeleitet. Im Zeitalter der europäischen Einigung ist es aber durchaus angebracht, es bei der Herrschaft Karls des Großen einsetzen zu lassen. "Heilig" deshalb, weil es sich im Mittelalter, im Gegensatz zum antiken Römischen Reich, um ein christlich missioniertes Europa handelte. Das HRR fand 1806 sein definitives Ende, anlässlich der Eroberung Europas durch Napoleon Bonaparte. Wir betrachten es aber hier nur bis 1648.
- 800 bis 814, unter Karl dem Großen, hat das Reich tendenziell den Charakter einer die Christenheit umfassenden universalen Einheit[1]. Spanien und Portugal sind aussen vor, da sie damals islamisch besetzt sind und auch vom heutigen europäischen Osten ist nicht alles einverleibt. Unter dem Kaiser gibt es auf der untersten politischen Ebene die unzähligen Grundherrschaften, die von den über ihnen stehenden kaiserlichen Beamten (vorab Bischöfe und Grafen) kontrolliert und koordiniert werden[2]. Der Kaiser selbst hat keinen festen Sitz, sondern zieht periodisch von Pfalz zu Pfalz (seine dezentralen Herrschaftssitze, der bevorzugte ist Aachen), um für Ordnung in seinem Reich zu sorgen.
- 912 bis 1254, Ottonen-, Salier- und Stauferkaiser. Die politische und geografische Situation ist ähnlich, mit dem gewichtigen Unterschied, dass Frankreich seit dem Vertrag von Verdun nicht mehr dazu gehört. Es nimmt bereits damals im Ansatz eine Entwicklung in Richtung eines Nationalstaates. Auch im deutschen Bereich erwacht im Verlauf des Hochmittelalters das Selbstbewusstsein der Fürsten: Im Rahmen des Lehenswesens werden sie von Beamten zu selbständigeren Vasallen. Der Handel mit dem Kaiser: Kriegsdienste gegen Verleihung kaiserlicher Lehen, sprich Territorien. Auch der Reichstag bestimmt die kaiserliche Politik mit der Zeit mit. Der Vorrang des Kaisers wird damit zunehmend ein Vorrang der Würde. Im Reich entstehen zudem sehr zahlreiche Kleinfürstentümer.
- Auch die Päpste mischen im Hochmittelalter zusehends mit im Kampf um Einfluss[3]. Höhepunkt ist:
- 1198 bis 1216 das Pontifikat Innozenz III.. Als Vormund des noch unmündigen Staufers Friedrich II. wird dieser Papst zum auch weltlich mächtigsten Herrscher seiner Zeit.
- Ab 1254 stärkt nach dem Untergang der Staufer das Interregnum, die kaiserlose Zeit, die Position der Landesfürsten weiter.
- 1303: Papst Bonifaz VIII. fordert absolute Suprematie über alle weltlichen Herrscher[4], weil sich diese zunehmend auch als Fürsten "von Gottes Gnaden" sehen. Das endet für ihn aber schlecht: Er wird vom französischen König überfallen und gefangen gesetzt - der Beginn des "päpstlichen Exils" in Avignon.
- 1356: Die Goldene Bulle verbrieft das bereits länger bestehende Kaiser-Wahlrecht durch die Kurfürsten.
- 1648: Mit dem Westfälischen Frieden erwirken sich die Landesfürsten einen weiteren Machtzuwachs - die Entwicklung zum Nationalstaat ist endgültig eingeleitet. Der Anfang vor allem auch des unaufhaltsamen Aufstiegs des vormaligen Kurfürstentums Preußen. Dies wiederum auf Kosten der - nunmehr habsburgischen - Kaiserkrone.